Klatsch, Tratsch und Big Business auf der DKM 2021
Die DKM erfindet sich derzeit neu: Neben dem hybriden Veranstaltungsformat präsentiert sich die Leitmesse der Versicherer in einem neuen Look. Oder anders formuliert: kein medialer Bombast mehr mit überdimensionalen Leinwänden und Promis in Dauerschleife, keine Oldtimer oder Schweizer Skihütten mit "Kunstschnee" aus Wattebällchen. Vielmehr präsentiert sich die Messe in einer eher ungewohnten Nüchternheit. Die Themen sind dennoch weitgehend die alten.
Insgesamt 179 standardisierte Stände, rund 2.400 Makler vor Ort sowie 2.300 Teilnehmer im digitalen Format lauten zumindest die nackten Zahlen: "Aufgrund der Corona-Vorgaben mussten wir insbesondere das Konzept für den Messemarktplatz komplett auf den Kopf stellen. Schnell haben wir im Austausch mit den Ausstellern gemerkt, dass dies für sie ein sehr großer Aufwand wäre - der übrigens auch aufgrund der Corona-Vorgaben unkalkulierbar ist. Daher haben wir uns entschlossen, den Standbau zu vereinheitlichen. Dadurch verändert sich aber natürlich der Charakter der Veranstaltung. So wurde aus der Leitmesse eben ein Forum. Damit sind wir übrigens die erste Großveranstaltung in der Messe Dortmund seit Beginn der Pandemie. Und alle Standflächen sind ausgebucht", betonte bbg-Geschäftsführer Konrad Schmidt.
Damit hat es sich allerdings schon weitgehend mit den Neuerungen. Die Themen bleiben im Wesentlichen die alten: die Zukunft des Maklerstandes im digitalen Zeitalter, ein grünerer Anstrich für die Branche, die vermeintliche "Furcht" vor den Amazons und Googles dieser Welt - und natürlich der Blick auf die Koalitionsverhandlungen der "Ampel" in Berlin mit den Auswirkungen auf die Branche.
Für BVK-Präsident Michael H. Heinz mal wieder Anlass genug, seine Analyse des Wahlausgangs im September unter die versammelte Presseschaft zu streuen. Wer ihn kennt, dürfte sich also nicht wundern, dass diese ziemlich deutlich und schonungslos ausfiel: "Konrad Adenauer hat einmal gesagt, der Wähler hat versagt. Adenauer sagte aber auch, du musst die Wähler nehmen, die du hast, denn andere kriegste nicht. Und nun stehen wir in einer Situation, die wir als Berufsverband so nicht erwartet haben."
"Was die Krake Berlin einmal hat, gibt sie nicht mehr her."
Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)
Was nach vermeintlicher "Wählerschelte" klang, scheint wohl vielmehr die Resignation über den Ausgang der Bundestagswahl zu sein. So zeigte er sich "nicht ganz optimistisch, dass die Ampelkoalition vier Jahre hält". Müßig zu erwähnen, dass auch die Versicherer mit Blick auf die aktuelle Debatte um die Betriebsschließungsversicherung (BSV) noch ihr Fett abbekommen haben. So habe die Branche bei diesem Thema "kein gutes Bild" abgegeben.
Gleichzeitig wiederholte er seine Kritik an möglichen Plänen für eine einheitliche Lösung in der Altersvorsorge: "Wir sehen jedoch Pläne kritisch, die eine für alle Bundesbürger geltende Einheitslösung in Form einer Aktienrente oder eines Staatsfonds anstreben. Denn die Unterhändler der zukünftigen Ampel-Koalition sollten bedenken, dass die Lebenslagen der Menschen in Deutschland zu individuell sind, um hier mit einem Standardprodukt allen gerecht zu werden. Da die Altersvorsorge später eine lebensstandardsichernde Existenz für Millionen ermöglichen soll und zum Beispiel systemische Risiken eines Fonds nicht ausgeblendet werden dürfen, gilt hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit", so Heinz.
Impressionen von der DKM 2021 in Dortmund. (Quelle: Tobias Daniel M.A.)
R+V-Vorstandchef Norbert Rollinger konnte solchen Gedankenspielen im Rahmen der üblichen Elefantenrunde allerdings noch etwas Positives abgewinnen: "Wir haben dieses Standardprodukt angeboten, um eine komplette Verstaatlichung der Altersversorgung". Sollte dieses Szenario Realität werden, "gehen uns die Felle schwimmen". Vielmehr könne man gespannt sein, "auf das, was da kommt". Wenig Sorgen bereitet ihm augenscheinlich auch der Einstieg Amazons ins Versicherungsgeschäft in Großbritannien. So habe man erkannt, "dass die Kompetenzen eines Vermittlers und eines Versicherers nicht einfach kopiert werden können".
"Es macht keinen Sinn, unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit eine bestimmte Zeichnungspolitik zu betreiben."
Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung
Müßig zu erwähnen, dass die versammelten Granden die Zukunft des Maklerstandes im digitalen Zeitalter auch weiterhin optimistisch ansehen. "Digital und persönlich schließt sich ja nicht aus", betonte Frank Sommerfeld, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherung AG. Allerdings müsse der Makler "digitaler werden", ergänzte Uwe Reuter, Vorstandschef der VHV Holding.
"Dem Vermittler muss durch die Digitalisierung nicht bange sein."
Uwe Reuter, Vorstandsvorsitzender der VHV Holding
Ebenfalls müßig scheint zu erwähnen, dass auch das Thema Nachhaltigkeit in der Branche angekommen ist, auch wenn die Vermittler laut VHV-Chef Reuter in dieser Frage noch etwas "orientierungslos" seien. Zündstoff gab es allenfalls in der Frage der Zeichnungspolitik. So könne jedes Unternehmen selbst entscheiden, welche Risiken man künftig zeichne, konstatierte Sommerfeld, der mit seiner Aussage damit in offenen Widerspruch zu R+V-Chef Rollinger ging, der vor allem den Beratungsansatz in den Vordergrund stellte.
Die Fragen der ökologischen Zukunft werden die Versicherer jedenfalls genauso beschäftigen wie die Lehren aus der Corona-Pandemie. "Wir sind noch nicht in der Lage, volle Normalität wie vor der Pandemie wiederherzustellen", betonte die Medizinethikerin und Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx.
"Eine allgemeine Impfpflicht haben wir ausgeschlossen und halten diese auch für problematisch."
Alena Buyx, Medizinethikerin und Vorsitzende des Deutschen Ethikrates
Normalität soll es auf der DKM allerdings wieder im kommenden Jahr geben. Dazu gehört natürlich auch der übliche "Klatsch und Tratsch" in den Gängen und Fluren der Messe. So wurde gar gemunkelt, dass Stefanie Schlick - zuvor Leiterin des Maklervertriebes bei der Dialog - künftig bei der HDI anheuern könnte. Offen bleibt hingegen die Frage, wie diese "neue Normalität" auf der Dortmunder Leitmesse dann im Jahr 2022 aussehen wird.
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