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"Wir lehnen eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze ab"

Frauke Fiegl (Quelle: Ergo)

Im März 2023 hat Frauke Fiegl als Nachfolgerin von Ursula Deschka den Chefposten der Ergo Kranken übernommen. Die 46-jährige Managerin, die seit 2000 für den Düsseldorfer Versicherer arbeitet und zuvor lange bei der Axa war, hat es sich zum Ziel gesetzt, die Marktpositionen von DKV und Ergo Kranken zu stärken.

VWheute: Sie sind seit wenigen Wochen im Vorstand der Ergo Deutschland für das Ressort Gesundheit verantwortlich und zudem CEO der Ergo Krankenversicherung und Vorstandsmitglied der DKV Deutsche Krankenversicherung. Welche strategischen Zielsetzungen verfolgen Sie während Ihrer Amtszeit und inwiefern wollen Sie sich von Ihrer Vorgängerin unterscheiden?

Frauke Fiegl: In meiner neuen Funktion ist es mir besonders wichtig, gemeinsam mit dem Team beide Krankenversicherer, also DKV und Ergo Kranken im Markt zu stärken. Wir wollen gemeinsam stärker wachsen. Die Ergo Krankenversicherung ist insbesondere im Bereich der Zahnzusatzversicherung hervorragend aufgestellt. Die neu eingeführten Dental-Tarife gefallen Kundinnen und Kunden sehr gut. Am besten wird das an der gesteigerten Produktion im Neugeschäft im Bereich Zahnzusatz deutlich. Vergleicht man das erste Quartal 2023 mit dem ersten Quartal 2022, sieht man eine Steigerung des Neugeschäfts über alle Vertriebskanäle von über 200 Prozent bei der Ergo Krankenversicherung. Vor diesem Hintergrund steht in den nächsten Jahren besonders die Überarbeitung der übrigen Zusatzversicherungstarife im Fokus.

VWheute: Die PKV steht seit Längerem in der Kritik wegen ihrer Beitragserhöhungen: Bereits mehrere Gerichte haben entsprechende Anpassungen in der Branche für unwirksam erklärt. Wie bewerten Sie die Entscheidungen und inwiefern tangiert dies auch die Ergo?

Frauke Fiegl: Es ist richtig und wichtig, dass Versicherte die Ermittlung der Beitragshöhe gerichtlich überprüfen lassen können und sich bei Fachanwältinnen und Fachanwälten umfassend und ausführlich beraten lassen. Wie eine Beitragsanpassung durchzuführen ist, regeln das Gesetz und die Kalkulationsverordnung. Das Verfahren ist sehr komplex und die Überprüfung, ob die Prämie korrekt berechnet worden ist, kann in einem Gerichtsverfahren nur durch eine Sachverständige oder einen Sachverständigen bewertet werden. Erst vor Kurzem bestätigte ein Gericht die ordnungsgemäße Durchführung von Beitragsanpassungen der DKV. Wir gehen davon aus, dass die Gerichtsverfahren zukünftig weniger werden.

VWheute: Die private Vollversicherung stagniert bereits seit Längerem bei der Zahl der Versicherten. Gleichzeitig erlebt die Zusatzversicherung weiterhin einen Boom. Wie sehen Sie die Zukunft in der privaten Krankenvollversicherung und welche Rolle spielt diese Sparte noch im Krankenversicherungsgeschäft?

Frauke Fiegl: Die DKV ist mit über 3,5 Millionen Kunden in der Ergänzungsversicherung und ca. 0,7 Millionen Kunden in der Vollversicherung weiterhin die private Krankenversicherung mit den meisten versicherten Personen. In Deutschland verfügen rund 8,7 Millionen Personen über eine Krankenvollversicherung und viele GKV-Versicherte ergänzen ihren Schutz durch eine Zusatzversicherung. Die Zahl der Versicherten in der privaten Krankenversicherung liegt also bei rund 37 Millionen Versicherten in Deutschland. 

Die Vollversicherung zeichnet sich durch eine Kalkulationsmethode aus, die sich selbst trägt und keiner ergänzenden Finanzierung bedarf und - das möchte ich besonders hervorheben - auch keine Kosten auf folgende Generationen verschiebt. Dieser Aspekt sollte in Diskussionen über eine nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens viel stärker betont werden. Zusätzlich trägt die Vollversicherung zu der besonders umfassenden medizinischen Versorgung bei, die wir in Deutschland haben.

VWheute: Die Ampelkoalition in Berlin will zudem die Beitragsbemessungsgrenzen deutlich erhöhen: Wie bewerten Sie diese Pläne? Rechnen Sie noch mit der Einführung einer Bürgerversicherung durch die Hintertür?

Frauke Fiegl: Wir lehnen eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung ab. Eine Anhebung - im Gespräch ist eine Anhebung auf das Niveau der Rentenversicherung - erhöht die Lohnkosten von Arbeitskräften. Wenn diese oder ihre Arbeitgeber ins Ausland abwandern, schwächt dies den Standort Deutschland.

VWheute: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant im Rahmen der Pflegereform eine Ausweitung des Leistungspaketes. Der PKV-Verband rechnet dabei mit deutlichen Beitragssteigerungen. Wie bewerten Sie die Pläne der Politik und wie wird Ergo darauf reagieren, falls die Reform tatsächlich umgesetzt werden sollte?

Frauke Fiegl: Im Rahmen des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes hat der Gesetzgeber nochmals die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhöht und damit den jüngeren Generationen eine zusätzliche Hypothek auferlegt. Aus meiner Sicht ist dies der falsche Weg. Die dringend benötigte nachhaltige Finanzierungsstrategie für unsere alternde Gesellschaft fehlt völlig. Daher sollten Versicherer und Arbeitgeber nicht nur über Modelle der betrieblichen Krankenversicherung, sondern auch über Tarife der betrieblichen Pflegeversicherung (bPV) sprechen.

Die DKV bietet bereits eine bPV an und hat sehr gute Erfahrung mit der Resonanz vonseiten der Arbeitgeber gemacht. Solange keine betriebliche Pflegeversicherung besteht, oder auch zusätzlich dazu, sollten Bürgerinnen und Bürger privat vorsorgen. Einer Studie von Assekurata zufolge, ist dies auch günstiger als viele glauben. So kann ein 25-Jähriger bereits zu einem Monatsbeitrag ab 35 Euro eine Pflegetagegeldversicherung bei der DKV abschließen, die sein Budget bei ambulanter Pflege deutlich aufstockt und die derzeitige durchschnittliche Pflegelücke von 2.400 Euro bei stationärer Pflege komplett schließt. Die DKV ist mit den bestehenden Produkten für die individuelle und die betriebliche Pflegeversicherung gut aufgestellt.

VWheute: Blicken wir kurz in die Zukunft: Wo sehen Sie die Ergo Krankenversicherung und die DKV in den kommenden drei bis fünf Jahren?

Frauke Fiegl: Wir profitieren von unserem starken Vertrieb und dem Geschäftsmodell "hybrider Kunde". Dadurch sind unsere Kundinnen und Kunden immer bestens beraten, unabhängig davon, für welchen Abschlussweg sie sich entscheiden. 

Die Ergänzungsversicherung der Ergo Krankenversicherung ist in den vergangenen fünf Jahren mit Blick auf gebuchte Bruttobeiträge um rund 25 Prozent gewachsen. Wir gehören mittlerweile zu den fünf größten Krankenversicherern im Markt. Die DKV hat zuletzt einen besonders hochwertigen Tarif mit Spitzenleistungen auf den Markt gebracht. Dies wurde uns von diversen Ratingagenturen bestätigt. 

Dabei haben wir uns besonders über die erreichten Bestnoten und die Auszeichnung zum "Produkt des Monats Oktober 2022" der Zeitschrift Mein Geld für die PremiumMed-Tarife der DKV gefreut. Wir arbeiten kontinuierlich daran, für unsere Kunden die Prozesse und Services zu verbessern.

Als Beispiel hat die DKV als bisher einziger privater Krankenversicherer den gesamten Leistungsprozess rund um das Thema Pflege digitalisiert. Zu Beginn des Prozesses steht der digitale Pflegeantrag, mit dem Kundinnen und Kunden oder ihre Angehörigen Leistungen beantragen können. Seit dem Start im Juni 2022 gehen bereits rund 80 Prozent der Anträge online ein. 

Nach Beantragung und Genehmigung des Pflegeantrags können sich unsere pflegebedürftigen Kundinnen und Kunden und deren Angehörige im digitalen Pflege-Dashboard alle Details rund um das Thema Pflege anzeigen lassen - ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Markt. Mein Blick in die Zukunft: DKV und Ergo Krankenversicherung werden ihre starke Position im Markt weiter verbessern.

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Veröffentlicht am 19.07.2023
 
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